Sonja Wenzel

Für ein paar Stunden war Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt „mittendrin“ – als Mitglied eines hoch engagierten Teams aus Ehrenamtlichen, das den Kundinnen und Kunden mit einem freundlichen Lächeln Lebensmittel über den Tresen reichte, sowie geduldig wartenden Menschen, die gekommen waren, um für sich und ihre Familien die Grundversorgung für die nächsten Tage sicherzustellen. „Gut, dass es die Tafeln gibt“, erklärte die Landesbischöfin – wenngleich es zu kritisieren sei, dass es diese Einrichtungen in einem so reichen Land wie Deutschland überhaupt geben müsse. Mehrmals habe sie Tafeln besucht, bei der Ausgabe mitgewirkt jedoch noch nie: das war eine neue Erfahrung „direkt an der Baisis“ für Kristina Kühnbaum-Schmidt. Das Diakonische Werk Husum betreibt vier Tafeln im Kreisgebiet Nordfrieslands: in  Husum, Bredstedt und Tönning sowie eine Tafel „auf Rädern“, die die ländlichen Gebiete bedient. Insgesamt versorgen alle zusammen etwa eintausend Personen, die auch mit einem ohnehin schon engen Finanzrahmen kaum klarkommen. Die Organisation der Tafelabläufe gleicht nach den Worten von Tafel-Chef Charly Häuber „einem kleinen Logistikunternehmen“, denn um den Betrieb ohne Sand im Getriebe aufrecht erhalten zu können, sind manche der Husumer 70 bis 80 Ehrenamtlichen fünf Tage die Woche unterwegs, um Waren von den Märkten herbeizuschaffen, zu sortieren und auszugeben. Er ist dankbar für die gute Zusammenarbeit mit den Supermärkten und Bäckereien und für die vielen Spenden, die die Versorgung mit Lebensmitteln für Menschen in finanziellen Schwierigkeiten ein Stückweit leichter machen.

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt in der Ausgabe der Husumer Tafel

Dankbar ist DW-Geschäftsführer Volker Schümann auch dafür, dass die Tafel jetzt einen festen Platz in der Friedenskirche gefunden hat, nachdem sie in Corona-Zeiten aus dem Keller des DW ausziehen musste und übergangsweise in der Marienkirche untergebracht wurde. „Viele Mitglieder der Serviceclubs, die in Husum reichlich vertreten sind, hatten zu dem Zeitpunkt bei der Tafel mitgewirkt und waren sofort motiviert, ihr Engagement in der Friedenskirche fortzusetzen“, sagte er.

Dies ist ein gemeinsames „Auf-den-Weg-machen“, das sich auch in einer noch größeren Dimension zeigt: Die Kirche und das Diakonische Werk Husum arbeiten eng und vertrauensvoll zusammen, und so ist es beschlossene Sache, dass die Friedenskirche vom Diakonischen Werk als Eigentum übernommen wird, wobei sich wenig ändert: „Pastor Andreas Raabe wird den Gemeindemitgliedern erhalten bleiben. Auch wird es weiterhin Gottesdienste geben. Dennoch soll das Gebäude nun für diakonische Projekte mitgenutzt werden“, hieß es. „Wir werden auch in Zukunft ein gutes Miteinander pflegen“, betonte Propst Jürgen Jessen-Thiesen. Dieses basiere auf langjährig gewachsenem Vertrauen, auf Geduld, dem Gleichklang in bestimmten Grundhaltungen und dem Wissen darum, dass gemeinsam an einem Strang gezogen werde. Dies sei kein Projekt für Partner, die sich nicht kennen, bekräftigte Schümann. Wichtig sei für alle Beteiligten, so die Landesbischöfin, dass die Kirche in „gute Hände“ übergehe: „Ich kenne im ganzen Land kein ähnliches Projekt. Ich begegne Ihrem gemeinsamen Vorhaben mit großer Wertschätzung.“

Propst Jessen-Thiesen im Gespräch mit Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt (Foto von Annelie Haack)

Kristina Kühnbaum-Schmidt lobte den allseits gegenwärtigen Pragmatismus, der sich einerseits in oft unbürokratischer Flexibilität manifestiere und andererseits notwenige Bedarfe „basisorientiert“ über bestehende Strukturen stelle. Dies zeige sich unter anderem in der Beibehaltung von zwei Diakonischen Werken – Husum und Südtondern: „Wir werden auf diese Weise akzeptiert in der Region und möchten nicht als übermächtig wahrgenommen werden“, erklärte Dr. Stefan Krüger, Aufsichtsratsvorsitzender des DW Husum. „Zusammen etwas möglich machen“, fasste die Landesbischöfin zusammen – also eine Art der „Ermöglichungskultur“ sei fruchtbringend, aber nicht „gucken, was nicht geht“. Dieser Aspekt könne aus dem jetzigen Prozess zwischen Kirche und Diakonischem Werk als Lernergebnis gewonnen werden.  

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