Auch wenn die Corona-Pandemie einen Strich durch viele Rechnungen gemacht hat: Dem Organisatoren-Team der „Interkulturellen Woche“ mit Christine Wittstock, Abteilungsleitung Migration beim Diakonischen Werk Husum, ist es gelungen, ein vielfältiges Programm zusammenzustellen, zu dem die Öffentlichkeit eingeladen ist, sich zu informieren und zu engagieren: „Es geht um Integration, um Traumata und deren Bearbeitung, um Ankommen und Alltagsrassismus, aber es ist auch erwünscht, eigene Erfahrungen einzubringen und damit möglicherweise eine Debatte auszulösen“, sagt Christine Wittstock. Geplant sei auch eine Ausstellung zur interkulturellen Woche im Kreishaus gewesen, um damit ein breites Publikum zu erreichen; sie habe ausfallen müssen, sei aber für das nächste Jahr fest eingeplant.

Die Interkulturelle Woche ist ein fester Baustein im Ablauf eines Jahres. Beteiligt sind die Organisation „Fremde brauchen Freunde“, das Diakonische Werk Husum sowie der Kirchenkreis Nordfriesland. Unterstützt werden diese Akteure vom Filmklub und vom Speicher Husum, von der Theodor-Storm-Schule sowie dem Projekt „Dialog(t)räume“ der Diakonie Schleswig-Holstein. Förderpartner sind die Ämter Nordsee-Treene und Viöl, die Stadt Husum und der Kreis Nordfriesland. Außerdem fließen finanzielle Mittel aus dem europäischen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds.

Die beiden Mitorganisatorinnen Marion Bernhardi – eine der Kreis-Integrationsbeauftragten – und Yvonne Berner, Flüchtlingsbeauftragte vom Kirchenkreis Nordfriesland, begrüßten den Islamwissenschaftler und Völker- und Europarechtler Jens Leutloff von der Universität Hamburg: Er hielt einen Vortrag über das Thema „Integrationsmanagement“. Nach dem Vortrag fand ein Workshop statt. Leutloff wollte seinen Vortrag als „Input, Inspiration und Provokation“ verstanden wissen: „Wir müssen Integration wahrhaftig leben und denken.“ Deutschland sei ein klassisches Einwanderungsland, und es sei eher ein weltgeschichtlicher Zufall, dass die aktuelle Einwanderung muslimisch sei. Er trat einem weit verbreiteten Vorurteil entgegen, das da lautet: „Gesellschaft ist gut, wenn sie homogen, dagegen schlecht, wenn sie heterogen ist.“ Er führte an, dass um das Jahr 1930 die Diversität in den deutschen Schulklassen höher gewesen sei als im Jahre 1960.

Integration habe nichts mit Assimilation zu tun, denn diese sei kein sinnhaftes Ziel, weil darunter die Angleichung einer gesellschaftlichen Gruppe an eine andere unter Aufgabe der eigenen Kulturgüter zu verstehen sei. Vielmehr gelte es, den Respekt vor Verschiedenheit, Pluralität und Gruppenzugehörigkeit zu erhalten und nicht an Bedingungen zu knüpfen. Integration bedeute Teilhabe, unter anderem den gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt oder die Anerkennung von Bildungsabschlüssen. Hinderlich seien Vorurteile – die aus der Unfähigkeit zum Perspektivwechsel entstehen können – sowie Diskriminierung, Radikalisierung der Mehrheitsbevölkerung sowie Kriminalisierung von Minderheiten. „Rassismus – eine Spielart davon ist Islamphobie – zu erkennen ist ein Teil des Integrationsmanagements. Dieses fußt auf Diskussion, nicht auf Ignorierung sowie darauf, die Argumente der Gegenseite zu erfragen, zu erkennen und zu erfassen“, so Leutloff.

Weitere Veranstaltungen sind am 11. November um 17:30 Uhr „Menschen wie andere auch“, ein Kurzfilm mit anschließender Diskussion im Speicher Husum sowie am 15. November um 19:00 Uhr das Theaterstück der Berliner Compagnie „Alles Fleisch“ in der Theodor-Storm-Schule Husum. Weitere Informationen gibt es unter www.dw-husum.de/einrichtung/fachstelle-fuer-migration.

Text und Foto: Sonja Wenzel

Ein engagiertes Team wirkt am Gelingen der Interkulturellen Woche mit:
vlnr: Peter Martensen, Christine Wittstock, Jens Leutloff, Marion Bernhardi und Yvonne Berner (vorn). Es fehlt: Urte Andresen

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