„Ella & Co.KG“ – ein Familienroman aus den Wirtschaftswunderjahren

Sonja Wenzel

„Diese Veranstaltungen sind eine wichtige Institution geworden und besser als jede Dankeskarte.“ So
griffig formulierte es der Aufsichtsratsvorsitzende des Diakonischen Werks Husum, Dr. Stefan Krüger
bei der diesjährigen Aschermittwochslesung. Diese Lesungen läuten seit über 15 Jahren auf charmante
Art und Weise die Fastenzeit ein und sind ein Dank an alle, die das Diakonische Werk Husum
voranbringen und unterstützen, unter anderem die Sponsoren und Sponsorinnen, die Serviceclubs, die
Schulen und die Politik. In diesem Jahr hatte sich der bekannte Sportschau-Moderator und Autor
Gerhard Delling auf den Weg gemacht, um die geladenen Gäste zu unterhalten. Übrigens war es, wie
Dr. Krüger ausführte, die letzte Aschermittwochslesung unter der Ägide des noch amtierenden
Geschäftsführers Volker Schümann, der gegen Ende dieses Jahres in den wohlverdienten Ruhestand
gehen wird.

„Ella & Ko.KG“ – so heißt der Titel des Romans aus der Feder Gerhard Dellings. Ein wenig
autobiografisch ist die Geschichte aus den deutschen Wirtschaftswunderjahren durchaus, denn sie ist
in einigen Teilen eine Reminiszenz an seine Großmutter Elli – eine „mitunter dickhäutige, dann wieder
sensible, kurz, eine ambivalente Persönlichkeit“, so Delling. Ella jedenfalls, die Hauptperson des
Romans, ist nicht nur taff und zielstrebig. Sie ist ein kaum zu bändigendes Energiebündel, zupackend
und mit fixem Geist. Sie versucht, nach dem Kriegschaos die Nase über Wasser zu halten – mit Erfolg:
sie gründet zunächst ein Café, das recht bald floriert. Der Verpächter der Räumlichkeiten jagt es ihr
später allerdings wieder ab. Sie lässt sich nicht unterkriegen und wendet sich anderen Dingen zu: Auf
einem Grundstück, das ihr Ehemann von den Alliierten zwar „mit Brief und Siegel“, aber dennoch unter
nebulösen Umständen erwirbt, gründet sie einen Altwarenhandel, ein vielseitiges Unternehmen mit
zahlreichen Mitarbeitenden, das sich ebenfalls prächtig entwickelt.

Das Buch ist eine Zeitreise und spannt den Bogen aus den Aufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg
in unsere Gegenwart hinein. „Ich wünsche mir, dass die Menschen heute ein Stück von dem, was Ella
hat und was sie durch die Zeit trägt und motiviert, wiederfinden würden“, so Gerhard Delling. Ella
achtet darauf, nie wieder in Abhängigkeiten zu geraten und hat etwas von einer „Mutter der Kompanie“
an sich. Sie ist dabei „beeindruckend empathisch, aber gleichzeitig auch distanziert. Sie ist
wertschätzend und übernimmt Verantwortung mit allen Vor- und Nachteilen“, wie Dr. Maria-Theresia
Leuker-Pelties feststellte. Wie immer führte die Professorin der Universität zu Köln kompetent,
gewinnend und sympathisch durch die Veranstaltung. Ella, Geschäftsfrau in einer Zeit, als ein Handel
noch mit Handschlag besiegelt und damit verbindlich war, verfügte über Autorität; sie kannte ihren
„Laden“ und ihre Leute durch und durch. Heute, so Delling schwinde die Sensibilität für das
Miteinander in manchen Lebensbereichen. Es gehe der Gesellschaft oft um Maximierung des
Wohlstandes; doch sei es eher das „Wohlbefinden“, das der Vermehrung und Verbesserung bedürfe.

Als die Corona-Pandemie allen geplanten Aktivitäten des Autors platzen ließ, ging er mit sich in Klausur
und schrieb innerhalb eines runden Dreivierteljahres seine „Ella“. Die Arbeit habe ihn nicht mehr
losgelassen, und er habe den Stoff „mit Spaß“ geschrieben. Delling, aus Rendsburg stammend und
„alter Schulkollege“ und Mitabiturient von Volker Schümann, vermischt die tatsächlichen Geschehnisse
mit „etwa 70 Prozent Fiktion“: Manche Verhältnisse seien freilich etwas anders gewesen, „doch den
Schrottplatz beispielsweise gab es wirklich“. Übrigens: An vielen Stellen gibt’s im Buch „erst mal ‘nen
Kaffee“. Dazu Dr. Leuker-Pelties: „Wenn man das Buch riechen könnte, würde es nach Kaffee duften.“

„Wir freuen uns, einen besonderen Gast bei uns begrüßen zu dürfen“, erklärte Schümann. Er dankte
dem Team der Familienbildungsstätte, den beiden Geschäftsleitungs-Assistentinnen Hanna Diallo und
Annika Leese sowie dem Küchenteam des Christian-Jensen Kollegs, das für die anschließende
Verpflegung sorgte. Allen Unterstützenden sowie den rund 330 Mitarbeitenden und fast ebenso vielen
Ehrenamtlichen zollte er große Anerkennung. In manchen gesellschaftlichen Bereichen sei „die
Situation angespannt“, was sich beispielsweise bei den Tafeln zeige, bei der Unterstützung von
Migranten oder bei den Betreuungsplätzen für Kinder und Jugendliche. Ein wichtiger Baustein sei die
Schulsozialarbeit. Er verwies auf diverse Jubiläen, wie zehn Jahre Praxis ohne Grenzen, den 15.
Geburtstag der Tafel Bredstedt oder das 40-jährige Jubiläum der Schwangeren-Beratung. Auch die
Übernahme der Friedenskirche als „Diakoniekirche“ sei ein Meilenstein im Schaffen des Diakonischen
Werks Husum.

Aufsichtsratsvorsitzender Stefan Krüger, Gerhard Delling, Dr. Maria Leuker-Pelties, Geschäftsführer Volker Schümann

Weitere Beiträge