Sonja Wenzel

Ihr Blutdruck sei bei dem Gespräch für sie deutlich spürbar angestiegen, aber dennoch: „Es war insgesamt eine gute Veranstaltung und ich hoffe nun auf einen Arbeitsplatz“, sagt Salwa Tanbal (53). Sie stammt aus den Norden Syriens und hat seit Januar dieses Jahres an dem Projekt „Miqua-Husum – Migrant*innen qualifizieren“ teilgenommen. Seinen krönenden Abschluss findet das Projekt in einer kleinen „Jobmesse“ im Diakonischen Werk Husum: Ana Dancetovic, Bezirksleiterin eines Textil- und Nonfood-Discounters sowie Oliver Kühl, privater Arbeitsvermittler aus Husum, nehmen die säuberlich vorbereiteten Bewerbungsunterlagen von acht Neubürgern und -bürgerinnen entgegen, fragen nach den Bereichen, in denen sie bereits gearbeitet haben, nach dem Stand der Deutschkenntnisse oder nach bestimmten Interessen: Für Salwa Tanbal käme vielleicht die Unterstützung im Frühstücksservice eines Hotels in Frage, am liebsten aber wünscht sie sich einen Arbeitsplatz im Schneiderhandwerk.

Diese integrative Maßnahme führt das Diakonische Werk Husum (DW) für das Jobcenter des Kreises Nordfriesland durch. „Wir haben unglaublich viel geübt, wie man seine Stärken präsentiert und sich bei einem Arbeitgeber in ein vorteilhaftes Licht rückt. Alle sind hoch motiviert und natürlich auch aufgeregt“, sagen Tina Brandt und Ellen Hehnke vom DW, die mit die weiteren Kolleginnen die Teilnehmenden aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und dem Irak ein gutes halbes Jahr lang unter ihre Fittiche genommen haben. Es wurden Themen wie berufliche Erfahrungen, kulturelle Unterschiede oder die Zusammenhänge von Familie und Beruf gemeinsam bearbeitet.

„Es gibt in Deutschland in Bezug auf den Arbeitsmarkt ein vielfältiges Reglement, und der Zugang zum Arbeitsmarkt ist sehr schwierig“, erklären sie. Vielen Migrantinnen und Migranten seien die Aspekte der „Arbeitskultur“ oder die der Trennung von „Dienst“ und „Arbeit“ in dieser Form nicht geläufig. Marwan Abou Assaf hat in seiner Heimat Syrien Arabistik studiert, doch hier ist die Situation auch für ihn völlig neu. Er habe schon „überall gearbeitet“, seit er vor viereinhalb Jahren hierhergekommen sei: „In einer Restaurantküche oder im Gartenbau.“ Jetzt schauen Ana Dancetovic und Oliver Kühl, ob er zunächst als Aushilfe in einem Warenhaus oder in einer anderen Branche untergebracht werden kann und behalten einstweilen seine Bewerbungsunterlagen.

„Der Bewerbungsprozess ist keinesfalls einfach. Ergreifen Sie dennoch die Chance“, spornt Dominik Müller an. Er ist gewissermaßen Moderator und Vermittler in dieser Veranstaltung und freut sich über die Anwesenheit eines Arbeitgebers und eines Jobvermittlers: „Ich möchte, dass beide Parteien zusammenkommen und die passenden Personen zueinander finden.“ Müller ist Mitarbeiter der Gesellschaft für Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik, Institut der Unternehmensverbände Nord e.V. (GEFAS) und kümmert sich um verschiedene Projekte in Schleswig-Holstein.    Insgesamt haben 18 Personen an dieser Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen. „Einige sind in Lohn und Brot gekommen, beispielsweise in der Landwirtschaft oder in der Gastronomie“, so Ellen Hehnke und Tina Brandt. Auch, wenn nicht jeder bei dieser vielversprechenden Veranstaltung seinen „Traumjob“ bekommt: Es geht auf jeden Fall weiter. Niemand wird in dieser neuen Situation des Arbeitsuchens allein gelassen. Tina Brandt: „Wir stecken schon in den Anschlussplanungen.“ Adelheit Marcinczyk, Geschäftsbereichsleiterin für „Soziales und „Arbeit“ im Diakonischen Werk äußert sich nicht nur anerkennend über die Frucht bringende Kooperation aller beteiligten Stellen: „Ich freue mich immer wieder über die Kreativität der Mitarbeitenden, die stets neue Ideen haben und zum Wohle der Projekt-Teilnehmenden in die Tat umsetzen“, sagt sie. Hilke Holthuis und Annika Fischer (beide Jobcenter des Kreises Nordfriesland) beobachteten das Geschehen und freuten sich über die Fortschritte der Teilnehmer und Teilnehmerinnen.

Die Jobmesse beim Diakonischen Werk Husum bot Neubürgern und -bürgerinnen die Chance, sich auf dem ersten Arbeitsmarkt vorteilhaft zu präsentieren.

Ana Dancetovic und Marwan Abou Assaf
Salwa Tanbal und Oliver Kühl

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