Sonja Wenzel

Ohne Bewertung und Fehlerbenennung: Schülermentorinnen und -mentoren sind positive Vorbilder an der Ferdinand-Tönnies-Schule in Husum
Sara Schmidt und Tristan Reimers (beide 15 Jahre alt) sind zwei von insgesamt elf Schülerinnen und Schülern der Ferdinand-Tönnies-Schule, die sich zu Schülermentorinnen und -mentoren haben ausbilden lassen. „Wir möchten Kinder und Jugendliche unterstützen, die neu zu uns kommen“, sagen die beiden jungen Leute.
Ein Schulwechsel – sei es der Start auf einer weiterführenden, sei es der „Quereinstieg“ von einer anderen Schule – ist stets eine neuralgische Phase im Leben eines jungen Menschen, die möglichst gut gelingen soll. Besonders schwierig wird es, wenn der Wechsel mitten im Schuljahr erfolgt, hinein in die fest gefügte Struktur einer Klasse. „Dann können Stress und Unbehagen entstehen, was dazu führen kann, dass sich die schulischen Leistungen verschlechtern, oder dass die soziale Anpassung schwierig wird“, sagt Jessica Thomsen, Mitarbeiterin des Diakonischen Werks Husum und Schul-Sozialarbeiterin an der Ferdinand-Tönnies-Schule. Zum zweiten Mal hat sie unter dem Projekt mit dem Namen „be(e) social“ Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klasse ausgebildet, die offen und freundlich, geduldig und behutsam auf jene zugehen, die „am Rande“ stehen, außenvor sind oder sich in eine Art persönliches Schneckenhaus zurückgezogen haben. „Wir suchen das Gespräch mit ihnen und arbeiten daran, sie in eine Gruppe einzubinden. Das funktioniert nicht von heute auf morgen, es muss zunächst Vertrauen aufgebaut werden“, erläutern die beiden Zehntklässler Sara und Tristan, deren Wirkungs-Schwerpunkt auf der integrativen und inklusiven „Campus-Klasse“ liegt.
Nach den Worten von Jessica Thomsen sind Schülermentorinnen und -mentoren aus den „Konfliktlotsen“ hervorgegangen – eine Bezeichnung, die nicht unbedingt positive Assoziationen weckt: „Es geht vielmehr darum, ein gutes Vorbild zu sein, durch eine ganzheitlich positive Haltung zu einem angenehmen Schulklima beizutragen und den Kindern und Jugendlichen die Furcht zu nehmen vor Mobbing und Ausgrenzung. So kann Schule als ein Ort erfahren werden, an dem man gut aufgehoben ist und angstfrei und sicher die eigene Zukunft vorbereiten kann, ohne dass Fehler benannt und bewertet werden.“ So sehen es auch Sara und Tristan: „Wir sind nicht in erster Linie dazu da, um Streitigkeiten zu schlichten, sondern zeigen auf, dass wir eine Gemeinschaft sind, die zusammenhält.“ Vielfach sei auch ein Gespräch mit Lehrkräften segensreich: „Wir haben als Schüler häufig einen anderen Blickwinkel. Sie lassen sich gern unsere Sichtweise erklären.“
Die Schule unterstützt und begrüßt das Projekt und richtet den „Bauwagen“, in dem Spiele aufbewahrt und ausgeliehen werden, stets schick her. „Oft regen wir zu gemeinsamem Spiel an, gern mit Bällen oder Springseilen, auch um die häufige Beschäftigung mit dem Handy zu durchbrechen“, beschreiben Sara und Tristan einen Teil ihrer Arbeit.
Ihr markantes Erkennungszeichen sind die schönen, blauen Jacken mit dem Aufdruck „be(e) social“. Die Erstausstattung wurde im vergangenen Jahr dankenswerterweise von der Nord-Ostsee-Sparkasse gesponsert. Am Ende der Tätigkeit – somit auch am Ende der Schulzeit – wird den Schülermentorinnen und -mentoren ein Zertifikat ausgehändigt. Schulleiterin Kathrin Humbroich sieht den hohen Wert des sozialen Engagements: „Es ist für die berufliche Laufbahn der Schülerinnen und Schüler richtungsweisend, sich über das normale Maß hinaus zu engagieren. Sie sammeln Erfahrungen für ihr späteres Leben und sind schon jetzt selbstwirksam; sie können stolz auf das sein, was sie in dieser besonderen Position gelernt und erreicht haben.“ Auch Jessica Thomsen ist „positiv überrascht“ von dem Erfolg des Projekts: „Es ist zwar ein langer, steiniger Weg, der viel Arbeit erfordert; doch es kommt für alle Beteiligten viel Gutes zurück.“

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