Die Arbeit des seit nunmehr 25 Jahren bestehenden Kinderschutzzentrums Westküste ist gefragter denn je: Nach Corona sei der Beratungsbedarf noch weiter angestiegen, so die Leiterin Franziska Probst.

Nach Corona sei es schlimmer geworden: „Der Beratungsbedarf ist deutlich gestiegen im vergangenen Jahr“, sagt Franziska Probst, die Leiterin des Kinderschutzzentrums Westküste. Insbesondere der Bedarf nach Fachberatung, also der Unterstützung von Menschen, die zumeist beruflich mit Kindern arbeiten. „Alle, die mit Kindern zu tun haben – wie etwa Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter oder Schulbegleiter, aber auch Kindergärtnerinnen, Jugendamt-Mitarbeiter oder auch nur besorgte Nachbarn – können unsere Unterstützung in Anspruch nehmen. Gemeinsam finden wir den besten Weg zur Hilfe heraus.“

Unterstützung für Fachkräfte bei Problemfällen

Das beginne mit dem Verdacht der Kindeswohl-Gefährdung und geschehe anonym: „Wir helfen dann bei der Einschätzung: Liegt tatsächlich eine Gefährdung vor oder nicht, hat derjenige etwas gesehen oder nur gehört“, ergänzt Beraterin Antje Fredrich. Das weitere Vorgehen werde abgeglichen, um Ratsuchende in die Lage zu versetzen, die Probleme selbst zu bewältigen und auch entsprechend auf die Eltern zuzugehen. „Bei komplizierten Fällen ist auch eine zweite Fachberatung möglich, aber am Ende muss derjenige selbst die Entscheidung treffen, ob das Jugendamt eingeschaltet werden muss.“

Vier Beratungsstellen an der Westküste

Oder die Kinder und Jugendlichen mit oder zunächst ohne Eltern selbst zu einer Beratung ins vom Diakonischen Werk Husum getragene Kinderschutzzentrum Westküste kommen, das mit seinen neun speziell ausgebildeten Fachkräften sowohl in Nordfriesland als auch in Dithmarschen tätig ist. Neben den Häusern in Husum und Heide gibt es auch Außenstellen in Niebüll und Marne. „Besonders aus Schulen werden inzwischen immer mehr Fachberatungen angefragt“, weiß Franziska Probst. Aber auch die zweite Beratungsschiene verzeichne wachsende Zahlen. „Wenn Kinder oder Eltern direkt anfragen.“

Streit der Eltern belastet die Kinder

Etwa wenn Eltern ihre Konflikte nicht auf verträgliche Art lösen. „Das ist enorm prägend für die Kinder und stört das Gefühl von Ruhe und Sicherheit, das sie zum Aufwachsen brauchen“, erläutert Antje Fredrich. Entweder kämen die Betroffenen selbst oder Freunde und Schulkameraden. „Die melden sich per E-Mail oder Telefon oder stehen ganz plötzlich einfach vor der Tür. Wir versuchen natürlich immer, die Eltern mit einzubeziehen.“ Denen sei das häufig peinlich und sie müssten dann erst dahingehend beruhigt werden, dass ihr Fall kein Einzelfall sei. „Und außerdem unterliegen wir der Schweigepflicht.“

Betroffene – Kinder und Eltern – erlebten nicht nur seelische, sondern auch körperliche und sexuelle Gewalt, berichtet Franziska Probst. Und die Folgen davon: „Wir haben in der vergangenen Zeit zwei Femizide in Nordfriesland und Dithmarschen gehabt und bundesweit gesehen wird jeden dritten Tag eine Frau umgebracht.“ Und Gewalt gegen Frauen betreffe auch immer deren Kinder, wenn sie welche haben. „Das ist für die eine Katastrophe“, so die Leiterin des Kinderschutzzentrums Westküste.

Seminar und Fest zum 25-jährigen Bestehen

Das in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert: „Am 1. Februar 1998 ist das Zentrum gegründet worden“, sagt Antje Fredrich. „Aber wir wollten das Jubiläum bei schönerem Wetter begehen.“ Daher werde am 26. Mai gefeiert. „Abends zum Abschluss eines zweitägigen Fachkräfte-Seminars im Christian-Jensen-Kolleg in Breklum, auf dem es um häusliche und Gewalt in der Partnerschaft geht. Und auch wieder um das Projekt DrachenMut, das Kinder selbstbewusster machen und ihnen die Gewissheit geben soll, dass sie nicht allein sind und dass es auch andere Kinder gibt, die dasselbe erleben.“

Projektwoche zu Kinderrechten und Gewalt

Finanzielle Unterstützung für DrachenMut gibt es durch die 2021 gestartete Initiative „Keine Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ von „Appen musiziert“. „Mit diesen Finanzmitteln bestreiten wir auch im Juni eine Projektwoche an der Astrid-Lindgren-Schule für behinderte Kinder in Meldorf“, so Franziska Probst. Vom 12. bis zum 15. Mai gehe es da um Kinderrechte und Gewalt, veranstaltet gemeinsam von der Schule und dem Kinderschutzzentrum. „Die Ergebnisse fließen dann in unsere weitere Arbeit ein.“

Landesregierung stellt mehr Mittel bereit

Die finanzielle Unterstützung durch die beiden Kreise und das Land Schleswig-Holstein erhält – und zu einem geringeren Teil auch vom Diakonischen Werk und durch Spenden finanziert wird. „Kiel hat sogar extra Gelder ausgeschüttet, weil der Beratungsbedarf nach Coroina so angestiegen ist“, sagt die Leiterin des Kinderschutzzentrums. „Da ist erkannt worden, wie wichtig Prävention in diesem Bereich ist.“

Franziska Probst (r.) und Antje Fredrich: DrachenMut ist ein Hauptprojekt des Kinderschutz-Zentrums Westküste

Text und Foto: Stefan Petersen – shz vom 16.02.2023

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