Sonja Wenzel
„Mich kennt doch fast jeder in Husum. Außerdem habe ich meine Stammkunden, die sprechen mich schon längst mit Namen an.“ Hans Linke sagt nicht viel, er ist eher von der schweigsamen Sorte. Aber er verkauft seit zwölf Jahren zuverlässig „Hempels – das Straßenmagazin für Schleswig-Holstein“, an seinem Stammplatz am oberen Ende der „Twiete“, mitten im Herzen von Husum. Und wenn es um den Hempels-Verkauf geht, schnackt er sich doch „warm“: Aus Ibbenbüren kommt der ehemalige Bergmann, der nach einem schlimmen Bruch in seinem Leben lange Jahre obdachlos war und durch Zufall in Husum strandete. Er kam in Kontakt mit der Bahnhofsmission, einer Einrichtung des Diakonischen Werks Husum. Dort wurde ihm vorgeschlagen, in den Verkauf des Straßenmagazins einzusteigen. Der 60-Jährige möchte seine Aufgabe nicht missen und meint dazu: „Ich kann doch nicht dauernd zu Hause herumsitzen, es ist wichtig, dass ich immer etwas zu tun habe. Wenn ich auch nicht mehr viel machen konnte: Verkaufen ging und geht immer noch.“ In jetzigen Coronazeiten vermisst er viele seiner Kunden: „Ein großer Teil des Verkaufs ist weggebrochen. Die meisten Menschen erledigen schnell die nötigsten Einkäufe und sind dann auch schon wieder weg.“ Und: „Vor Corona konnte ich mich eben mal in die Bäckerei setzen und einen Kaffee trinken – das vermisse ich sehr.“ Hans Linke sucht aktuell eine Wohnung.
„Hempels“ feiert im Februar dieses Jahres sein 25-jähriges Bestehen. So gibt es neben dem stets aktuellen Monatsheft auch eine 48-seitige Jubiläumsausgabe, die das ganze Jahr über erhältlich ist und verschiedene Aspekte der „Hempels“-Arbeit ins Visier nimmt. „Es ist wirklich ein gelungenes Heft“, lobt der Leiter der Husumer Bahnhofsmission, Erk Paulsen. „Über die Jahre hinweg ist das Magazin sehr professionell geworden“, befindet auch Hans Linke. Seine Verkaufs-Kollege Jürgen Wiedel (64), der seinen Stammplatz vor einem großen Supermarkt an der Peripherie Husums hat, sieht das ähnlich.
Jürgen Wiedel ist noch nicht so lange im „Hempels“-Verkauf tätig, bringt aber Erfahrung aus Hamburg mit, wo er viele Jahre das Straßenmagazin „Hinz und Kunzt“ unter die Leute brachte. Er hat den Verkaufsplatz des „alten Hasen“ und im vergangenen Jahr verstorbenen Willi Wallner eingenommen. Er freut sich über seine zuverlässigen Kunden, die ihn begrüßen und „nur rasch“ den Einkauf erledigen, um dann zu einem Schnack mit ihm innezuhalten und ein Heft mitzunehmen. „Manchmal bringen sie mir sogar eine nette Kleinigkeit mit – natürlich unter Einhaltung der Corona-Beschränkungen“, schmunzelt Wiedel.
Die Verkäufer beziehen ihre Hefte zum Einkaufspreis von 1,10 Euro über die Bahnhofsmission, die in Husum Vertriebspartnerin von „Hempels“ ist. Ein Heft kostet im Verkauf 2,20 Euro. Die Differenz ist der Verdienst der Verkäufer. „Es geht nicht nur darum Geld dazuzuverdienen. Wichtig ist es, von der Umwelt wahrgenommen zu werden. Ideal ist es, wenn es gelingt, eine Verbindung zu manchen Menschen aufzubauen und zu pflegen“, betont Erk Paulsen. So wurde Hans Linke vor noch gar nicht so langer Zeit von einem „Hempels“-Kunden zu einem Fußballspiel nach Dortmund eingeladen: „Das war etwas ganz Besonderes“, sagt er. Thomas Repp ist in diesem Kleeblatt der Dienstälteste im „Hempels“-Verkauf: Er ist fast seit der ersten Stunde, die es das Straßenmagazin gibt, dabei. Doch eigentlich ist es gar nicht so entscheidend, wie viele Jahre ein Verkäufer tagein, tagaus, dabei geduldig und unbeirrt das Heft anbietet: Eine Institution sind alle drei Männer in der Stadt allemal und sie prägen ihr Weichbild entscheidend mit.
Infokasten Behausung gesucht! Hans Linke braucht möglichst schon ab dem 1. April 2021 eine neue Wohnung, bis 404 Euro Kaltmiete inklusive Nebenkosten plus Heizung. Wer eine Wohnung zu vermieten hat, kann sich unter 04841-668045 oder unter 04841–2539 mit Erk Paulsen in der Bahnhofsmission in Verbindung setzen.