Sonja Wenzel

Eigentlich müssten sich unsere heimischen Piepmätze, namentlich die Höhlenbrüter, darum reißen, in der Marienkirche ihre Küken großziehen zu dürfen – und vielleicht steht die Aufzucht der Brut sogar unter Gottes ganz besonderem Schutz. Dabei geht es aber nicht um das Kirchen-Original, das seit dem Jahre 1833 den Husumer Marktplatz wuchtig überthront, sondern um ein kleines, feines Modell, das in der vom Kreis finanzierten „Upcycling“-Werkstatt des Diakonischen Werks Husum im Amalie-Sieveking-Haus am Schulwald erbaut worden ist. Konstrukteur dieser individuellen Vogel-Wohnstätte ist der Tischlergeselle Ardian Vidishiqi, der sie mit viel Liebe und Herzblut in akribischer Feinarbeit hergestellt hat.

Freilich wäre der Nachbau der gesamten Marienkirche für kleine Vögel ein wenig zu geräumig und zum Wohnen zu ungemütlich – so hat man sich darauf beschränkt, nur einen Gebäudeteil mit der Eingangsfront und dem Turm nachzubilden. „Es war eine ganze Menge Arbeit“, lächelt Ardian Vidishiqi. Vier Stunden täglich, und das über einen bis eineinhalb Monate hinweg, habe der Bau des Vogelhauses an Zeit in Anspruch genommen. Doch als „altgedientem“ Tischler habe es ihm große Freude bereitet, „etwas Schönes herzustellen“. Zunächst habe er das Kircheneingangsportal nach einem Foto gearbeitet, sei jedoch immer wieder zum Original am Marktplatz gepilgert, um sich spezielle Details genau anzusehen und entsprechend nacharbeiten zu können.

„Wir beziehen unser Material für die Holzwerkstatt aus Spenden. Deshalb haben wir uns besonders gefreut, als wir einen uralten Tisch aus massiver Eiche erhielten“, sagen Fachanleiter Thomas Pevec und Abteilungsleiter Manfred Hansen. Eichenholz sei „das schönste und stärkste Holz, das Europa zu bieten hat“, führt Ardian Vidishiqi aus. So lag es nahe, den Nistkasten aus diesem Eichentisch zu bauen: „Wenn er entsprechend gepflegt wird, dürfte er bestimmt einhundert Jahre halten. Das ist Zeit genug, um vielen Vogelgenerationen ein sicheres Heim zu bieten.“ Das Portal mit dem darüberliegendem Einflugloch, die nach dem Marktplatz hinzeigenden Fenster, der Turm, die Kirchturmuhr, die die Mittagsstunde anzeigt und sogar die schönen, im Modell zart nachgezeichneten, hellgrauen Steine der Kirche: Das „Heim“ sei ganz und gar aus hochwertigen Materialien nach guter alter, traditioneller Tischlerkunst gefertigt worden, so Ardian Vidishiqi. „Die Kirche, ein prägendes Wahrzeichen der Stadt nachzubauen, war eine nicht alltägliche Arbeit.“

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