Sonja Wenzel

So unterschiedlich die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer bei der Tafel Eiderstedt in Tönning in ihren Persönlichkeiten auch sein mögen – der Antrieb, der sie dazu bewegt, anderen Menschen den Alltag zu erleichtern, ist bei allen ähnlich: Da ist zunächst die innere Erfüllung, die sie empfinden, wenn sie mit ihrer Arbeit ein Stück weiterhelfen können, außerdem die Struktur, die das Ehrenamt in ihren eigenen Alltag bringt und nicht zuletzt die Zugehörigkeit zu einem netten, zugewandten Team, das füreinander einsteht.

Der Altersbogen bei den Ehrenamtlichen spannt sich von „sehr jung“ bis zu „reif und lebenserfahren“. Sindy Draheim ist 29 Jahre alt und berufstätig: Sie arbeitet „full time“ bei einer Drogerie-Filiale in Sankt Peter-Ording. „Ich habe schon immer Menschen bewundert, die anderen Personen selbstlos helfen“, sagt sie. In dieser Opferbereitschaft sah die Einzelhändlerin aus Sachsen ihre Chance: „Ich wollte mich ebenfalls uneigennützig betätigen und meine Mitmenschen unterstützen.“ Sie fragte recht bald nach ihrem Eintritt bei den Marktleitenden an, ob Ware, die nicht in den regulären Verkauf gelangt, eventuell gespendet werden könnte. Sindy Draheim rannte bei ihren Vorgesetzten offene Türen ein. „Das war der Antrieb, vor vier Jahren bei der Tafel Tönning „hineinzuschnuppern“. Sie sei vom Team freundlich und familiär aufgenommen worden. Seitdem ist sie, wenn es machbar ist, am Freitag zur Warenausgabe mit dabei. Ihr Ehrenamt wird auch bei ihrem Arbeitgeber sehr geschätzt: Nach Möglichkeit wird ihr Dienst so gelegt, dass sie freitags frei hat und bei der Tafel ihr Ehrenamt versehen kann.

Auf einige Lenze mehr blickt Gretchen Düsterhöft zurück. Die wache und zupackende 89-Jährige zog im Jahre 2005 von Hamburg nach Eiderstedt. Ein Jahr später dockte sie bei der Tafel in Tönning an. Ein großer Vorteil war, dass sie Erfahrung aus ihrer ehrenamtlichen Arbeit in Hamburg mitbrachte, wo sie – ebenfalls bei der Tafel – gemeinsame Kaffeenachmittage für neue Mitbürger und Mitbürgerinnen organisierte. Seit einigen Jahren nun ist sie verwitwet, aber sie will, so lange es geht, weitermachen: „Dienstags und freitags bin ich hier tätig. Hier bin ich unter Menschen und habe meine Kontakte. Das ist wichtig, denn ich möchte nicht irgendwo auf einer Bank sitzen und warten, bis jemand kommt und sich dazusetzt“, sagt sie humorvoll. „Gretchen ist für die Logistik zuständig“, führt die Tafelleiterin Ina Hinrichsen aus. „Sie weiß genau, wie viel von welcher Ware vorhanden ist und was wann in die Ausgabe geht.“ Schließlich sei, so Gretchen Düsterhöft, „Ordnung erstes Programm“.

Volker Stelling ist seit gut einem Jahr Fahrer beziehungsweise Beifahrer und vier Mal pro Woche für die Tafel Eiderstedt unterwegs. Sein ehrenamtlicher Dienst beginnt um 8 Uhr und endet gegen 12 Uhr. Er ist mit dafür verantwortlich, dass die Waren von Bäckereien und den umliegenden Lebensmittelhändlern abgeholt werden. Seine Fahrt geht über Garding, Tating und Sankt Peter-Ording. Dann erfolgen die Rücktour und das Ausladen, „denn die Mitarbeitenden, die die Waren sortieren, warten schon“. Dann kommt der zweite Teil der Warenabholung in Tönning und Friedrichstadt. „Wir fahren jedes Mal etwa 90 Kilometer“, erzählt der 67-Jährige von seiner Arbeit. Nachdem seine Ehefrau vor wenigen Jahren verstarb, suchte Stelling eine neue Aufgabe: „Ich wollte mir neue Strukturen für den Alltag schaffen.“ Die Arbeit bei der Tafel füllt ihn aus: „Sie gibt mir das Gefühl gebraucht zu werden und nützlich zu sein.“

„Wir helfen leise“, bringt es Ina Hinrichsen auf den Punkt. Sie ist „Frau der ersten Stunde“. Seit im Jahre 2006 die Tafel ihre Pforten öffnete, ist sie dabei. Drei Jahre später übernahm sie die ehrenamtliche Leitung. „Jeder im Team ist wichtig. Alle sollen sich geschätzt, gebraucht und wahrgenommen fühlen“, sagt sie. Mit „Offenheit, Ruhe und auf Augenhöhe“ hat sie es geschafft, dass ihr Team eine homogene Truppe ist und dass die Tafel in Tönning eine gute, solide Außenwirkung hat. Mitunter sind Menschen an Bord, die Sozialstunden ableisten müssen. Manche möchten, wenn diese herum sind, gern ehrenamtlich weitermachen. Ina Hinrichsen freut sich über diesen Lerneffekt. Ein wichtiges Ritual hat sie eingeführt: „Vor jeder Ausgabe frühstücken wir zusammen. So werden Informationen an alle weitergegeben, auch Probleme können angesprochen werden.“ Besonders glücklich ist sie über die Namensänderung vor zwei Jahren in „Tafel Eiderstedt“. So fühlen sich die Gemeinden besser involviert und können sich eher mit „ihrer“ Tafel identifizieren. „Es gibt Händler, die bieten von sich aus ihre Hilfe an – das macht uns sehr stolz“, sagt Ina Hinrichsen.

Bei der Tafel betätigen sich viele unterschiedliche Charaktere. Sie werden repräsentiert von Gretchen Düsterhöft, Tina Scherer, die als „Verstärkung“ das Foto bereichert, Volker Stelling und Ina Hinrichsen (von links).

Auch Sindy Draheim engagiert sich ehrenamtlich in der Tafel Eiderstedt.

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