Sonja Wenzel

„Wir freuen uns, dass Sie an uns denken und dass wir die Gelegenheit bekommen, die Arbeit der Bahnhofsmission vorzustellen.“ Mit diesen Worten begrüßte Adelheit Marcinczyk, Leiterin des Geschäftsbereichs „Soziales und Arbeit“, die  Staatssekretärin Silke Schiller-Tobies, die gerade das nördlichste Bundesland bereist, um sich Einrichtungen anzuschauen, die zwar eine ungeheuer wichtige Arbeit leisten, oft aber im täglichen Geschäft nicht die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erhalten können. Seit November des vergangenen Jahres arbeitet sie im Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein, nachdem sie ein Jahr zuvor das Büro der Ministerin Aminata Touré leitete. Besonders die Förderung und Unterstützung des Ehrenamtes liegt der Staatssekretärin am Herzen, die sich mit großem Interesse durch die Räumlichkeiten der Bahnhofsmission führen ließ.

Professor Dr. Stefan Krüger ist Aufsichtsrats-Vorsitzender des Diakonischen Werks Husum. „Unser Gremium besteht aus sieben Personen, die ihre Aufgabe rein ehrenamtlich versehen und sehr ernst nehmen“, sagte er. Für ihn persönlich sei die Bahnhofsmission mit ihren unbürokratischen und niedrigschwelligen Hilfen sowie die daran angegliederte Wohnungslosenhilfe von großer Bedeutung. Er sei „stolz auf die Arbeit, die dort geleistet wird“ – doch ohne Ehrenamtliche sei diese „undenkbar“. Rund 200 Ehrenamtliche versehen zuverlässig und mit Liebe und Herzblut Dienst im Geschäftsbereich „Soziales und Arbeit“; wenn auch „unverzichtbar“, so heißt es aber von Seiten der Staatssekretärin achtzugeben, dass soziale Strukturen nicht „abgearbeitet“ werden. Es dürfe nicht heißen „das Ehrenamt wird es schon richten“.

Ute Petersen, Leiterin der Bahnhofsmission, ging auf die Geschichte dieser bundesweiten Einrichtung ein. So gibt es seit Ende des 19. Jahrhunderts insgesamt 105 Bahnhofsmissionen im Lande. Sie sind stets ein Spiegel der Gesellschaft gewesen. Im Jahre 1937 wurde die Bahnhofsmission in Husum gegründet. Rund zwei Millionen Menschen suchen die Bahnhofsmissionen jährlich auf – der Anteil  vor Ort liegt davon bei etwa 11.000 Hilfesuchenden. Eine Rundumversorgung bietet die Husumer Einrichtung, auch eine warme Mittagsmahlzeit unter der Woche und Übernachtungsmöglichkeiten: „Wir sind die einzige Bahnhofsmission in Deutschland, die dieses Angebot hat“, sagen Ute Petersen und Abteilungsleiter Jens Frank. Sie sind stolz auf das rund 20-köpfige Team, das zu gleichen Teilen fest Angestellte und Ehrenamtliche enthält.

Froh sind die beiden über die viele Unterstützung, die sich mitunter auf ganz einfache Weise manifestiert: „Ein Rechtsanwalt im Ruhestand gibt sein Wissen an die Gäste der Bahnhofsmission gern  weiter; die Köche der Westküste kochen seit Jahren für diese; ein Friseur ist früher in ähnlichen Lebenssituationen gewesen und bietet regelmäßig Haareschneiden an. Der Freundeskreis der Bahnhofsmission unterstützt uns großzügig und stetig. Mitunter wird auch selbstgemachtes Gebäck aus der Bevölkerung vorbeigebracht.“ Als „Tüpfelchen auf dem i“ lobte Frank die gute Kooperation mit der Deutschen Bahn. „Die Bahnhofsmission Husum genießt großes Renommee und hat eine besondere Funktion als zentrale Anlaufstelle. Sie bietet den Einstieg in eine umfassende Beratung, auch in Bezug auf die Wohnungslosenhilfe“, so Silke Schiller-Tobies. In diesem Zusammenhang seien die weitreichenden Strukturen des Diakonischen Werks hilfreich, so Dr. Krüger. Schiller-Tobies hat die „Professionalisierung des Ehrenamts“ im Blick genauso wie die Förderung und Unterstützung von Netzwerken und „guten Ideen vor Ort“, die möglicherweise nur für sehr spezielle ehrenamtliche Aufgaben passend sind. Horst-Dieter Magnussen, Werner Quecke und Siegfried Schulz sind Ehrenamtliche bei der Bahnhofsmission. Ihnen ist die Teilhabe am lebendigen Gesamtgeschehen, das „Dazugehören“ enorm wichtig. Sie schöpfen aus dem Dienst am Bahnsteig, aber auch aus inhaltsreichen Fortbildungen Kraft. Ute Petersen denkt noch einen Schritt weiter: „Möglicherweise gibt es Personen, die ehrenamtlich Wohnungslosen zur Seite stehen möchten, die auf der Suche nach einer festen Bleibe sind. Diesen fehlt es oft an Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen, das ihnen jemand geben könnte, der sie mitziehen kann.“

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