„Wir freuen uns, dass Menschen mit Beratungsbedarf den Weg zu uns finden und Vertrauen zu uns haben. Gerade in Corona-Zeiten sind alte Belastungen, mit denen unter normalen Umständen recht gut umzugehen ist, jetzt wieder aufgebrochen“, erklärt Susanne Baum. Sie ist Leiterin des Geschäftsbereichs „Beratung und Therapie“ beim Psychologischen Beratungszentrum (PBZ) im Diakonischen Werk Husum. Schon jetzt zeigt sich nach fünf Monaten in diesem Jahr, dass die Menge an Beratungen im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres übertroffen wird: „Dieser Trend setzt sich fort – es ist kein Nachholbedarf, sondern eine lang andauernde Belastungslage.“

Im Jahre 2020, einem in jeder Hinsicht denkwürdigen Jahr, habe man beim PBZ „viel gelernt“. Es galt neue Wege unter erschwerten Bedingungen zu finden, um dennoch dem Beratungsbedarf gerecht zu werden, erläuterte Susanne Baum bei der Vorstellung des Jahresberichts. So seien beispielsweise die Beratung am Telefon und die Video-Beratung mittlerweile „in Fleisch und Blut“ übergegangen und zu vertrauten Bausteinen der Arbeit geworden, die auch beibehalten werden. Wenn in einigen Fällen die „Fern-Methode“ eher mit dem „Spatz in der Hand“ zu vergleichen sei, so sei sie für andere Situationen durchaus kein Notbehelf, sondern sogar besser und besänftigend: „Das trifft unter anderem auf Menschen zu, die wegen Erkrankungen oder anderer Belastungen das Haus nicht verlassen können. Auch hochstrittige Paarkonstellationen können davon betroffen sein. In der Fernberatung fehlt die Dynamik, die in der Präsenz schnell entstehen kann. Wir haben für den ländlichen Raum ein zeitgemäßes Angebot erprobt, um schnell und einfach eine Beratung anzubieten. Es gilt für alle Personen, deren Mobilität räumlich oder zeitlich eingeschränkt ist.“

„Die Menschen, die zu uns kommen, haben Sorgen – jetzt machen wir uns zusätzliche Sorgen um sie.“ Denn einer ganzen Reihe von ihnen ging es nicht gut unter Corona. „Die Nachwirkungen der seelischen Belastung durch die Pandemie sind noch nicht abzusehen. Kinder haben tapfer und klaglos durchgehalten, was oft viel zu wenig Beachtung gefunden hat. Eltern sind über sich hinausgewachsen und brauchten häufig eine kompetente, verständnisvolle Person als Ansprechpartner. Viele Menschen sind durch die langewährenden Beschränkungen dünnhäutiger und hitziger geworden.“ Doch die Pandemie machte keinen Unterschied, und so waren die Mitarbeitenden des PBZs dieses Mal selbst betroffen von Kontaktbeschränkungen, Homeschooling und der Sorge um Angehörige. Die Beratungszahlen, die das PBZ vorlegt, zeugen von einem Kraftakt: „In der Erziehungsberatung, die wir im Auftrage des Kreises Nordfriesland durchführen, haben wir bei 707 Anmeldungen 1.530 Personen beraten, die Lebens- und Paarberatung haben 254 Menschen wahrgenommen und die Schwangen-Konfliktberatung wurde von 397 Frauen und Männern aufgesucht.“ Eine Beratung sei nicht mit einem Gespräch abgetan, sondern ein Prozess mit mehreren Gesprächen.

Das PBZ bietet als integrierte Beratungsstelle Gespräche an für Kinder und Jugendliche, für Eltern und Einzelpersonen jeden Alters, unabhängig von Glauben oder Staatsangehörigkeit, außerdem für Paare, Schwangere und Personen in Schwangerschaftskonflikt-Situationen. Angeboten wird eine Begleitung „von der Geburt bis ins hohe Alter“ in allen Krisen des Lebens – außer Süchten – dezent und verständnisvoll, kompetent und kostenfrei, auf Wunsch anonym, leicht zugänglich ohne Gesundheitskarte oder ärztliche Überweisung. Susanne Baum dankte allen kooperierenden Stellen für die tragende Unterstützung: „Es ist in einem hoch kreativen Team ein angenehm eingebettetes Arbeiten, das auf gegenseitigem Vertrauen in einem eng geknüpften Netzwerk fußt“, sagte sie.

Text und Foto: Sonja Wenzel

Susanne Baum, Leiterin des Psychologischen Beratungszentrums (PBZ) im
Diakonischen Werk Husum

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