Sonja Wenzel

Es gibt eine Menge zu tun im Lager der Husumer Tafel. Kathrin Heinrich ist gerade dabei, Konservendosen sorgfältig zu prüfen und einzusortieren. Die Münchnerin gehört nicht zum Stammpersonal der Husumer Tafel, sondern ist Mitarbeiterin vom „Haus des Stiftens“, einem Sozialunternehmen mit Zentrale in München, das unter anderem Stiftern und Non-Profits behilflich ist. Das Unternehmen stellt Informationen, Kontakte und Strukturen in der Startphase einer Stiftung bereit und unterstützt bei der täglichen Umsetzung der jeweiligen Ziele.

Kathrin Heinrich wollte gern die „andere Seite“ kennenlernen: „Das Diakonische Werk ist ein typischer Empfänger von Spenden- oder Zinsgeldern – jetzt erfahre ich ganz konkret, wohin Beträge aus unseren Stiftungen fließen“, sagt sie. Das Projekt „Seitenwechsel“ ermöglicht die Arbeit mit Menschen, die sich in schwierigen Lebenslagen befinden. Das soll den Blick weiten und öffnen und ein Gespür für „soziale Grenzsituationen“ entwickeln. „Hier in der Tafel des Diakonischen Werks Husum sehe ich, wo meine Arbeit ankommt“, sagt Kathrin Heinrich. An jedem Tag sei „etwas los“ und es werde nie langweilig. Entweder werde Ware abgeholt, sortiert und aufbereitet oder ausgegeben. „Ich lerne die Tafel von A bis Z kennen und bin in Kontakt mit vielen interessanten Menschen und deren ganz erstaunlichen Lebensläufen gekommen“, sagt sie. Mit Bedürftigen habe sie Gespräche geführt und dabei für sich selbst ein Fazit der Dankbarkeit ziehen können: „Es ist eine wichtige, großartige, ehrenamtliche Arbeit und ich sehe, wie gut es mir selbst geht. Ich brauche nicht mehr als das, was ich habe.“ Kathrin Heinrich freut sich über die fünf vom Arbeitgeber gewährten Projekttage, die sie um weitere fünf Tage aus dem eigenen „Urlaubsfundus“ aufgestockt hat: „Ich bin dankbar, dass mir die Teilnahme am Projekt ‚Seitenwechsel‘ ermöglicht wird“, sagt sie.

Ähnlich sieht es Dagmar Sadrinna, die ebenfalls an dem Projekt teilnimmt. Auch sie arbeitet beim „Haus des Stiftens“ – allerdings in Siegburg. Dort ist sie Technische Assistentin für Informatik und Standortleiterin. Sie lernt die „andere Seite des Lebens“ für insgesamt zehn Tage in der Husumer Bahnhofsmission kennen – ehrenamtlich, genau wie ihre Mitstreiterin Kathrin Heinrich: Dabei ist sie „oben am Bahnsteig“ eine freundliche Ansprechpartnerin, hat in den Abenddienst hineingeschnuppert, fungiert als Unterstützung im Gastraum und in der Küche oder bei der Ausgabe der Mahlzeiten. „Meine Wahrnehmung in bestimmten Situationen hat sich geschärft. Das bereichert mein Leben“, betont sie. Sie habe viel über die Bedeutung des Begriffs „Wertschätzung“ nachgedacht: „Jeder Mensch möchte Wertschätzung erfahren, und sie wird hier allen Gästen ohne Unterschied zuteil – das ist großartig.“ Sie sei auf viele interessante Menschen und deren Geschichten getroffen: „Das ist sehr beeindruckend.“

Kathrin Heinrich und Dagmar Sadrinna fühlen sich innerhalb kürzester Frist in der Stadt im Allgemeinen und im Diakonischen Werk Husum im Besonderen angenommen. „Wir treffen Menschen wieder, die wir aus dieser Projektarbeit kennen gelernt haben“, freuen sie sich. Es sei „wirklich ein unglaubliches Projekt“ und es mache den Kopf frei – wenn auch hin und wieder eine „emotionale Achterbahn“ mit eingeschlossen sei. „Wir gehen beide morgens zu unseren jeweiligen, momentanen Arbeitsstellen und treffen uns später in unserem derzeitigen Domizil wieder. Dann haben wir Gelegenheit uns auszutauschen“, sagen beide – und: „Wir würden immer wieder an diesem Projekt teilnehmen.“

Zur Information Viele Menschen möchten ihre Erfahrungen und ihre Arbeitskraft gern auf ehrenamtlicher Ebene in die Gesellschaft „vor Ort“ einbringen und an den Stellen unterstützend einwirken, wo es erwünscht und notwendig ist und dankbar angenommen wird. Dafür bieten die Bahnhofsmission und die Tafel, beides Einrichtungen des Diakonischen Werks Husum, einen passenden Rahmen. In lebendigen Teams, die an einem Strang ziehen, werden neue Mitarbeitende herzlich willkommen geheißen. Weitere Informationen gibt es – für die Tafel – unter info@husumer-tafel.de oder der Telefon-Nummer 04841-691410 sowie für die Bahnhofsmission unter bahnhofsmission@dw-husum.de oder der Telefon-Nummer 04841-2539.

Ein „unglaubliches Projekt“: Kathrin Heinrich arbeitet zehn Tage ehrenamtlich in der Husumer Tafel im Projekt „Seitenwechsel“.
Für zehn Tage ist Dagmar Sadrinna ehrenamtliche Mitarbeitende in der Husumer Bahnhofsmission im Projekt „Seitenwechsel“.
Hier ist sie im Dienst am Bahnsteig und wird flankiert von Bahnhofsmissionsleiter Erk Paulsen (links)
und dem ehrenamtlichen Mitarbeiter Jürgen Evert (rechts).

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