Das Projekt „Ankerplatz“ richtet sich an Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrungen und damit einhergehender Traumatisierung. Es hat zum Ziel, die jungen Menschen unter Einbeziehung ihrer Eltern zu stützen, zu stabilisieren und zu stärken. Dieses Angebot ist kostenfrei, streng vertraulich und auf Wunsch auch anonym. Angesiedelt ist es im Kinderschutz-Zentrum Westküste des Diakonischen Werkes Husum und besteht seit knapp drei Jahren. „Die Finanzierung ist noch bis Oktober durch das Deutsche Hilfswerk dankenswerterweise gesichert. Danach haben die Kreise eine Finanzierung bis Ende dieses Jahres zugesagt. „Die Verstetigung des Projekts ist geplant und in Arbeit“, erklärt Ursula Funk, Leiterin des Kinderschutz-Zentrums Westküste. Peter Raben, Fachdienstleiter Jugend, Familie und Bildung des Kreises Nordfriesland, befürwortet dies ausdrücklich.

In Zeiten der Corona-Krise habe dieses Projekt noch an Bedeutung gewonnen, es sei aber auch weit schwieriger als sonst zu bewerkstelligen. “Viele Familien waren während der akuten Phase wie gelähmt“, beschreibt es Ursula Funk. „Ohnmachtserfahrungen“ seien reaktiviert worden. So habe die Form der Beratung eine neue Dimension erhalten: „Sie lief – unter Einbeziehung der Eltern – telefonisch ab, was umständlicher als sonst war, da oftmals Sprachmittler und -mittlerinnen mit einbezogen werden müssen. Wir haben uns mit den Kindern im Freien getroffen und sind spazieren gegangen. Außerdem haben wir Ideen und Anleitungen für kreative Betätigungen manchmal sogar mit der Post verschickt oder Übungen für Selbstwirksamkeit und Achtsamkeit empfohlen, die Ruhe und Entspannung bieten sowie den Stresspegel reduzieren“, beschreibt es die Kunst- und Traumatherapeutin Inka Kulpe, die neben Ursula Funk zuständig für Nordfriesland ist.

„Manchen fehlten – teilweise wegen Sprachschwierigkeiten – wichtige Informationen über den korrekten Umgang mit dem Virus, hatten sich in ihrem Zuhause eingeschlossen und trauten sich überhaupt nicht mehr hinaus. Wichtig war es, diese Familien darüber aufzuklären, was dennoch möglich war und dass das Einschließen zu neuen Konflikten führen kann“, bekräftigt es die Dramatherapeutin und systemische Beraterin Maria Wiborg, Projektverantwortliche für den Bereich Dithmarschen.

Für Inka Kulpe ist es von großem Wert, dass Schulen und Kindertagesstätten wenigstens zeitweise wieder öffnen und den Kindern damit einen Teil Normalität zurückgeben. Positiv sei, dass viele Familien, zu denen Kontakt über das Projekt besteht, die Krise mit eigenen Ressourcen gut gemeistert haben, dass aber andere wiederum stabilisiert werden konnten. Eine Reihe von Kindern können jetzt über ihre Angst sprechen, Familienmitglieder oder Freunde zu verlieren. Auch das Thema „Sterben“ sei sehr präsent.

„Unser Arbeitsauftrag ist es, vorhandene Ressourcen aufzuzeigen und zu stärken. Dazu gehören beispielsweise Durchhaltevermögen und Mut, Offenheit, Kreativität oder auch Sicherheit gebender Familienzusammenhalt.  Wir bieten einen geschützten Raum, in dem über alles gesprochen werden kann“, sagen Ursula Funk, Inka Kulpe und Maria Wiborg. Zufrieden sind die drei Fachfrauen mit den erzielten Ergebnissen der letzten Wochen: „Das Projekt wird weiterhin sehr gut angenommen.“ Langsam löse sich die Corona-Angst und es sei wieder möglich die Klienten persönlich im Kinderschutz-Zentrum zu betreuen.

Text: Sonja Wenzel

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Maria Wiborg (links) und Inka Kulpe mit Utensilien, die hilfreich bei den Beratungsstunden sind: Kuscheltier, Malutensilien und „Sorgenfresser“.

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