Sonja Wenzel

Eine Parzelle in der Kleingartenanlage Ruhetal; ordentlich verlegte Plattenwege, akkurate Beete mit Kartoffeln, Kürbis, Salat und Zucchinis; ein Gewächshäuschen, in das eifrige Wespen ihr Papierkugelnest gepappt haben, beherbergt Tomaten; daneben Hochbeete mit Petersilie, Rauke, Kohlrabi und Radieschen; dahinter leuchten rote Johannisbeeren aus dem Gebüsch, sogar eine Weinrebe nickt leise im Wind; in der Ecke lehnt ein Komposthaufen. Nach dem kräftigen Regen der letzten Tage scheinen sich alle Pflanzen behaglich zu dehnen und neue Energie getankt zu haben. Dies ist das winzige Fleckchen Erde, das seit rund vier Jahren das Projekt „Mittenmang“ des Diakonischen Werks Husum (DW) beherbergt. Jetzt kümmern sich acht Teilnehmer hochmotiviert und mit großem Engagement um ihre grünen Schützlinge und freuen sich über alles, was gedeiht und später Frucht trägt. Fachanleiter Ralph Tukker und Sozialpädagogin Sylvia Hein unterstützen die Teilnehmer sowohl behutsam als auch tatkräftig in dem vom Kreis Nordfriesland finanzierten Projekt.

„Gärtnern – sich dem Geschöpf ‚Pflanze‘ zuwenden und mit Herzblut pflegen – das kann jeder Mensch. Diese Arbeit geht schon auf ganz kleinem Raum und kann dem Versorgungszweck dienen“, erklärt der DW-Abteilungsleiter „niedrigschwellige Hilfen“, Jens Frank. Die Grundidee sei gewesen, den Menschen, unter anderem aus der Unterbringung in der Richard-von Hagn-Straße, eine Tagesstruktur und einen Lebenssinn zurückzugeben und ihnen zu zeigen, dass sie selbstwirksam sein und aus sich selbst heraus auch schwierige Aufgaben meistern können. Da bot sich die Anmietung einer Parzelle in der Kleingartenanlage „Ruhetal“ an. „Zunächst haben wir den verfilzten Rasen gerodet, Wege und Beete angelegt, Werkzeuge beschafft und uns um die Wasserversorgung gekümmert“, so Frank.

Mittlerweile wird noch eine zweite Parzelle bewirtschaftet. Damit nicht genug: Wer aufmerksam durch Husum geht, wird auf dem Marktplatz, im Stadtweg, am Käthe-Bernhardt-Haus und an anderen Stellen mobile, insekten- und erntefreundliche Minigärtchen antreffen, die gestatten, dass ein paar Stängel Petersilie oder Salbei mitgenommen werden oder ein wenig Minze abgekniffen und gekaut wird – was viel besser schmeckt als im Kaugummi. Diese Gärtchen pflegen die Teilnehmer auch. Bernd, seit mindestens drei Jahren Projektteilnehmer, freut sich über das nette Arbeitsklima und über die Tagesstruktur, die ihm das Gärtnern vermittelt. Eine kleine Anmerkung hat er aber doch: „In der heißen Zeit haben wir per Lastenfahrrad und mit zwei 20 Liter fassenden Wassertanks die Außengärten in der Stadt versorgt. Das Wasser hat nicht ausgereicht und wir mussten oft die Tanks nachfüllen. Das war anstrengend und zeitraubend. Wir würden uns von der Stadt etwas Unterstützung wünschen, vielleicht in Form eines Fahrradanhängers, damit wir in einem Arbeitsgang mehr Wasser transportieren können.“ Auch Rocco (21) ist mit Leib und Seele bei der Gartenarbeit. „Hier habe ich eine Struktur und erhalte Hilfe für die Suche nach dem passenden Job“, meint er. Er hat von seiner Zukunft klare Vorstellungen: Sein Ziel ist es, eine fundierte Ausbildung zu absolvieren und später in die Agrarwirtschaft einzusteigen. Sind die Früchte ober- und unterhalb der Erde reif, sind sie zunächst den Teilnehmern vorbehalten. Aber auch die Bahnhofsmission, die Tafel und die Unterbringung in der Richard-von-Hagn-Straße erhalten etwas von der Ernte.

Doch es gibt einen Wermutstropfen: Die auf der ersten Parzelle befindliche Gartenhütte, die verschiedene wertvolle Geräte beherbergte und als Unterstand diente, ist durch einen Unglücksfall Anfang des Jahres abgebrannt. Zwar stellt einer der Teilnehmer die Hütte auf seiner eigenen Parzelle provisorisch zur Verfügung, doch „der Ball ist nicht rund“. Für eine neue Hütte ist kein Budget vorhanden. Deshalb sollen Spendengelder eingeworben werden. Möglich ist aber auch, dass ein privater Gartenbesitzer eine ältere Hütte hat, die nicht mehr gebraucht wird: Ein „Häuschen aus zweiter Hand“ ist ebenso herzlich willkommen im Gartenprojekt „Mittenmang“. Auf jeden Fall können die Teilnehmer es schon jetzt kaum erwarten, beim Aufbau mit Hand anzulegen: „Wir hängen gerne noch ein paar Arbeitsstunden dran“, versichert Bernd. „Wir hoffen, bald wieder eine Gartenhütte errichten zu können“, so Jens Frank. Spenden sind herzlich willkommen auf dem Konto der NOSPA DE32 2175 0000 0000 0379 60. Jens Frank und Sylvia Hein möchten außerdem der Kleingartenanlage Ruhetal für die Kooperation und das angenehme Miteinander sowie der Stadt Husum danken.

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