Husum. Es war einfach das Haus in der Husumer Theodor-Storm-Straße 6. Nun hat das Gebäude der Diakonie einen Namen: „Familienhaus Wichern“. Mit einem kleinen Festakt wurde das Schild an der Straße enthüllt.

In den zwei Jahren, in denen die „Sozialraumorientierte Jugendhilfe“ in diesem Haus arbeitet, habe man „die ganze Bandbreite des Lebens“ erlebt, beschrieb die Leiterin dieses diakonischen Arbeitsbereiches, Inken Voß-Carstensen, in ihrer Begrüßung das Geschehen dort. Jugendliche, Kinder und Erwachsene nutzten das Haus als Anlaufstelle und zu Begegnungen. Dabei werde gelacht und geweint, gespielt und gearbeitet.

Kinder zwischen Eins und Drei machen hier ihre ersten Gruppenerfahrungen, begleitet von ihren Eltern. Die holen sich dabei auch so manchen Rat entweder untereinander oder bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Diakonischen Werkes. Beim „Mütterfrühstück“ tauschen sich die jungen Frauen einmal ohne ihre Kinder aus.

Sowohl Mädchen als auch Jungen treffen sich zu „Selbststärkungsgruppen“. Hier und auch in einer Rollenspielgruppe stärken sie ihre Persönlichkeit. Täglich gibt es eine Hausaufgabenhilfe. Die jeweiligen Begleiterinnen und Begleiter der Treffpunkte und Gruppen stellten während des Festakts ihre Arbeit vor.

Der neue Name für das Haus ging aus einem Wettbewerb hervor. Er sollte den Bezug zu Familie deutlich machen, ebenso zur Kirche. „Es ist ein guter Name“, urteilte Propst Jürgen Jessen-Thiesen. Er begründete dieses mit der für die damalige Kirche revolutionäre Sicht- und Handlungsweise Wicherns.

Die Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts sei noch vielfältig vom mittelalterlichen Standesdenken geprägt gewesen. Die Antwort der Kirche für die Armen seien überwiegend die Almosen gewesen. Als Objekte seien die Armen behandelt worden. Johann Hinrich Wichern dagegen habe sie als Subjekt wahrgenommen, „mit ihrem eigenen Recht auf Leben, Zuwendung und Anerkennung“ ernst genommen. Eine solche Sichtweise sei auch noch heute eine Herausforderung auch für die Arbeit der Diakonie in diesem Haus.

Dem fühle man sich in diesem Haus auch verpflichtet, betonte Siegfried Schulze-Kölln, Vorsitzender des Aufsichtsrates des Diakonischen Werkes Husum. Schulze-Kölln gab einen Einblick in die Zeit und das Leben Johann Hinrich Wicherns. Der hatte 1832 gerade sein theologisches Examen gemacht, als ihm die Leitung einer Sonntagschule im Hamburger Stadtteil St. Georg angeboten wurde. Dort unter den Jugendlichen habe er „sich haarsträubenden Verhältnissen gegenüber gesehen, gekennzeichnet durch Arbeitslosigkeit, Alkoholismus, Gewalt und Kriminalität“.

Finanziell unterstützt von Hamburger Persönlichkeiten gelang es Wichern ein Jahr später das „Rauhe Haus“ zu gründen. Er wollte nicht disziplinieren wie damals üblich, sondern Lebensräume zur Entfaltung schaffen: „Das Kind stand im Mittelpunkt, das war eine wahre Revolution“. Diakonie sei für Wichern Liebesarbeit gewesen.

Bild: uno

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